Wird es eine Plastiktütensteuer oder gar ein Verbot geben?
Das Europäische Parlament hat sich bereits 1994 mit den Auswirkungen von Verpackungen und Verpackungsabfällen auf die Umwelt beschäftigt und diese in der EU Richtlinie 94/62/EG geregelt.
Im April 2015 wurde diese Richtlinie modifiziert und Reduzierungsziele für den Verbrauch an Kunststofftragetaschen festgelegt. Wörtlich heißt es: „Um sicherzustellen, dass die benötigten Kunststofftragetaschen nicht als Abfall in die Umwelt gelangen, sollen angemessene Maßnahmen getroffen und Verbraucher über die richtige Abfallbehandlung in Kenntnis gesetzt werden.“
Konkret haben die Mitgliedsstaaten Maßnahmen zu treffen, um folgende Reduzierungsziele zu erreichen:
bis 31.12.2019 >>> 90 Tüten je Einwohner und Jahr
bis 31.12.2025 >>> 40 Tüten je Einwohner und Jahr.
Die BRD ist mit 71 Tüten je Einwohner und Jahr auf einem sehr guten Weg. Den geringsten Verbrauch haben Irland und Dänemark mit weniger als 10 Tüten, Spitzenreiter sind Bulgarien und Portugal mit über 400.
Bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMU) gefordert. Dort setzt man zur Erreichung der Reduktionsziele auf eine freiwillige Selbstverpflichtung des Handels. Der Handelsverband (HDE) wurde aufgefordert mit seinen Mitgliedern die Ziele der EU-Richtlinie 2015/720 zu unterstützen.
Der HDE hat seine Mitglieder informiert und positive Rückmeldungen von rund 260 Unternehmen erhalten, die nach Angabe der HDE für 60 % der Tüten im Handel stehen. Diese Unternehmen beteiligen sich an der Vereinbarung und verpflichten sich Kunststofftragetaschen nicht mehr kostenlos an Ihre Kunden abzugeben. Am 26.04.2016 wurde die freiwillige Vereinbarung zwischen dem Bundesumweltministerium und dem HDE unterzeichnet. Ab dem 01. Juli 2016 sollen Plastiktüten somit weitestgehend kostenpflichtig abgegeben werden.
In der Vereinbarung sagt der HDE zu, dass bis Juli 2018 80 % der von den teilnehmenden Unternehmen, sowie der Mitgliedsunternehmen der Verbände in Verkehr gebrachten Plastiktüten nur noch gegen Entgelt abgegeben werden. Zudem wird geprüft, ob ein über das Reduktionsziel von 40 Tüten pro Einwohner in 2025 hinausgehendes, gemeinsames Ziel formuliert werden kann.
Stichwort kostenpflichtig: Die Rede ist von einem angemessenen Entgelt, welches dem einzelnen Händler einen Spielraum beim Tütenpreis einräumt. Wirtschaftlich gesehen ist das aus Sicht des Handels eine komfortable Situation, denn aus dem bisherigen Kostenträger wird nun ein Umsatzbringer. Aus Sicht der Konsumenten ist die Praxis der kostenpflichtigen Tüten im Lebensmittelbereich schon lange üblich, aber bei einem Spielwaren-, Bücher- oder Textilkauf war die Plastiktüte immer eine kostenlose Beigabe.
Sollten diese Maßnahmen nicht zu der angestrebten Reduzierung führen, wären gesetzliche Regelungen die Folge. Eine Ausnahme gibt es bei der Betrachtung von Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke von unter 15 µ, deren Zweck die Erstverpackung von losen Lebensmitteln ist. Sowohl aus hygienischen Gründen, als auch mangels umweltverträglicher Alternativen gibt es hier keine Reduzierungspläne. Haupteinsatz dieser Tüten ist das Verpacken von Gemüse, Obst, Käse, Fisch und Fleisch, auf Märkten und im Supermarkt.
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Vermüllung - Klimakiller - Meeresverschmutzer
Die Verschmutzung von Wasser und Land ist ein Auslöser für die bereits angeführte EU-Richtlinie. Das Problem ist recht vielschichtig: Europa hat qualitativ sehr unterschiedliche Abfallwirtschaften. Wir haben in Europa Nationen mit großer Sammelleidenschaft, in denen Wertstoffe eingesammelt und dem Recycling zugeführt werden. Daneben gibt es andere Nationen mit geringer Mülltrennung, welche Müll teilweise auf Deponien lagern. Bei entsprechendem Wind ist die Verteilung von Müll - insbesondere leichtgewichtigen Kunststoffbeuteln - in die Natur eine logische Konsequenz. Zusätzlich ist das Bewusstsein für das Thema Umwelt noch sehr unterschiedlich ausgeprägt.
Leider ist es eine Tatsache, dass sich immer mehr Müll sowohl in unseren Meeren als auch auf dem Land befindet. Richtig ist auch, dass Plastikmüll ein bedeutender Teil des Problems ist. Wer aber glaubt, das Problem nur mit Beschränkungen bei Kunststofftragetaschen lösen zu wollen, der irrt. Die Plastiktüte ist mit einem kaum messbaren Anteil an der Vermüllung vertreten. Als Symbol der Wegwerfgesellschaft steht sie aber im Zentrum der Aufmerksamkeit. Ein Küstenmonitoring des NABU (siehe mehr Infos) bringt hier Aufschluss. Die Plastiktüten sind bei Weitem nicht das häufigste Fundstück, sondern Flaschendeckel, Verpackungen von Süßigkeiten und Becher. Die Abfallanalyse Ostsee 2012 zeigt, dass der überwiegende Teil des Abfalls aus der kommerziellen Seeschifffahrt stammt: Fässer, Farbdosen und Schiffsausrüstung.
Es braucht also zwei Ansätze: Eine hochentwickelte Abfallwirtschaft im gesamten Europa und ein verändertes Bewusstsein für den Umgang mit der Natur.
Mehr Infos:
- Nabu Küstenmonitoring
- Umweltbundesamt
Recycling - Der Blaue Engel - Nachhaltigkeit - Kreislaufwirtschaft - Mehrweg - FSC
Alle Begriffe haben einen Ansatz: Es geht um die Schonung von Ressourcen, mit drei Begriffen auf den Punkt gebracht: „reduce – reuse – recycle“ Die Vermeidung von Verpackungsmüll, die häufige Nutzung eines hergestellten Produktes und die Vielfachnutzung des eingesetzten Materials.
Bei der Herstellung von Kunststoffverpackungen werden Ressourcen verbraucht. Dennoch sind diese Produkte oftmals alternativlos, denn jede andere Form der Verpackung wäre im Hinblick auf das Volumen, auf den Energieverbrauch und auf die Treibhausgase schlechter. Siehe Studie denkstatt zum Thema Produktnachhaltigkeit. Was können wir also tun? Wir können Dinge wiederverwenden. Die Kreislaufwirtschaft benötigt weniger Ressourcen, lebt von Rohstoffen, die wieder und wieder verwendet werden.
Das Recyceln von Papier- oder Folientaschen führt zu einem Kreislauf, in dem immer weniger Rohöl oder Holz benötigt wird. Insbesondere „Der Blaue Engel“, der in Form eines Audits an leistungsstarke Unternehmen vergeben wird, zwingt bei Kunststoffprodukten wie Plastiktüten zu einem Einsatz von mindestens 80% PCR. PCR (post consumer recycling) ist ein Rücklauf von Folienprodukten aus dem Verbraucherbereich. Sie finden dort einen Teil Ihrer Abfälle aus dem gelben Sack wieder: Verpackungen wie Abfallsäcke, Frühstücksbeutel, Tragetaschen, Schutzfolien und vieles mehr.
FSC (forest stewardship council) ist ein Weg bei Papierprodukten auf nachhaltige Forstwirtschaft zu setzen. In vielen Teilen der Erde findet Raubbau an den Wäldern statt - mit dramatischen Folgen für die Bevölkerung vor Ort und für das Weltklima. Wie Folie ist auch Papier recyclingfähig, allerdings im Gegensatz zur Folie nicht unbegrenzt.
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Taschen aus Mais- oder Kartoffelstärke
Die Vermüllung der Meere und oberirdische Verschmutzung (siehe Teil 4), hat für den Bereich der Kunststoffverpackungen neue Lösungsansätze hervorgebracht. Von den Plastiktüten wissen wir, dass ihre Lebensdauer bis zu 500 Jahre beträgt. Es liegt also auf der Hand, dass eine Verkürzung der Lebensdauer auf Monate oder wenige Jahre die Umwelt freundlicher aussehen lässt und die optische Vermüllung reduziert. Zwei Möglichkeiten biologischer Abbaubarkeit konkurrieren:
Produkte auf Stärkebasis
Hier sind es nachwachsende Rohstoffe wie Mais oder Kartoffeln, deren Stärkebasis die Grundlage der Folien bilden. Der Vorteil: Es werden keine fossilen Energieträger benötigt und - falls das Produkt in die Umwelt gelangt - wird es vollständig biologisch abgebaut. Es gibt aber auch eine Kehrseite: Diese Produkte haben sehr wohl Spezialkunststoff in sich. Sie sind um ein vielfaches teurer und werden aufgrund ihrer zu langsamen Verrottung bei der industriellen Kompostierung aussortiert und verbrannt. Da es sich dabei um Grundstoffe der Nahrungsmittelproduktion handelt, ist dieses Konzept fragwürdig.
Petrochemische Produkte mit Additiven
Hier handelt es sich um klassische Folienprodukte auf petrochemischer Basis, deren molekulare Struktur mit Hilfe eines Additivs zerstört wird. Unter bestimmten Voraussetzungen wie Wärme, UV-Licht und Luftfeuchte beginnt die Tasche mit dem Abbauprozess. Der Vorteil: Die Wirtschaftlichkeit ist vergleichbar mit klassischen Plastiktüten und die Produkte sind, sollten sie in die Umwelt geraten, nach Monaten oder wenigen Jahren nicht mehr sichtbar. Nachteil: Das optische Verschwinden täuscht. Die winzigen Plastikteilchen lösen sich nicht vollständig auf sondern verbleiben mikroskopisch klein in der Umwelt.
Der Nebeneffekt beider Versionen: Die Taschen sind für den Recyclingprozess und somit für die Kreislaufwirtschaft verloren. Sie sind dann tatsächlich Einwegprodukte. Die eingesetzte Ressource hat nach einer oder wenigen Nutzung(en) nur noch die Aufgabe, sich zu zerstören.
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Welche Tragetasche ist die Richtige?
Tragetaschen haben in der öffentlichen Wahrnehmung den Makel einer sehr geringen Nutzungsdauer. Studien belegen, dass die Anzahl der Nutzungen mehr vom Verbraucher abhängt, als vom eingesetzten Material. Alle Taschen - egal ob Papier, Folie, Baumwolle oder Permanenttaschen - sind vielfach zu gebrauchen.
Die Häufigkeit der Verwendung einer Tasche ist entscheidend für deren Ökobilanz!
Es gibt eine ganze Reihe von Untersuchungen, die eine ökologische Beurteilung der verschiedenen Taschentypen vornehmen. Die uns vorliegenden Studien betrachten die Umweltauswirkungen wie Materialeinsatz, Wasserverbrauch, Energieverbrauch, Transportaufwand, Einsatz von Pestiziden bis hin zur Entsorgung der Tasche.
Die Details zur Berechnung sowie die gesamte Methodik finden Sie in der EMPA-Studie, die wir unter mehr Infos für Sie bereitstellen.
Das Ergebnis:
Die Folientasche „Der Blaue Engel“ mit > 80% Recyclingkunststoff ist der Testsieger. Um die Ergebnisse vergleichen zu können, ist festzustellen, wie oft eine Tasche genutzt werden muss um die Defizite in der Ökobilanz auszugleichen: so muss eine Papiertasche 7,4 mal benutzt werden, eine Tasche auf Stärkebasis 11,2 mal und eine Baumwolltasche 82,4 mal. Folglich ist die Tasche „Der Blaue Engel“ bei Mehrfachnutzung unschlagbar.
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